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Abendgebet Moschee Alepo

Orient-Dessert-Tour 2010

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Es ist der 28 Juli 2010, wir stehen in Edirne (TR) am Verladeterminal vom Autozug und warten auf das Signal zum Einladen der Bikes. Es ist einfach nur heiss und die Luft staubtrocken. Pfütz (Thomas) war noch ein paar Bier kaufen, wir haben uns inzwischen ganz gut an den Geschmack des türkischen Bier gewöhnt. Ich denke knapp drei Wochen zurück. Da waren wir schon einmal hier. Nur haben wir damals die Bikes ausgeladen.

35 Stunden Zugfahrt hatten wir da hinter uns. Und zuvor auch noch die Anfahrt von zu Haus bis zum Verladeterminal in Villach (A). Die Anfahrt bis dahin war mit durchschnittlich 32 Grad fast genauso heiss wie heute hier. Ich war von uns dreien als erster in Villach angekommen, auch weil ich Pfütz und Elvis (Fabian) bei ihrer Ankunft am Terminal filmen wollte. So hatte ich die beiden zusammen erwartet und war dann erst erstaunt, später amüsiert als mir Pfütz erzählte, wie sie sich unterwegs verloren haben. Die zwei waren von Altdorf (CH) den Südhang der Alpen über Merane bis Villach gefahren und unterwegs fürchterlich nass geworden. Im Regen musste Pfütz anhalten, Elvis hatte es nicht bemerkt. Und während Pfütz Gas gegeben hat um aufzuholen, ist Elvis von der Piste abgefahren um zu warten. Also ein klassisches Missverständnis. Wasser von oben hatte ich während der Anfahrt zum Glück nur einen Moment. Elvis machte kurz vorm Terminal nochmals einen Stop und kaufte zur Einstimmung in einer Dönerbude gleich ein paar türkische Bier.

Ich mache mir ein Bier auf, fahren müssen wir die Bikes nur noch in den Zug, spüle den Staub der heute abgespulten Kilometer bis hierher zum Terminal hinunter. Wir mussten uns zum Schluss doch noch etwas sputen und so waren die Etappen länger als der Durchschnitt in den letzten Wochen.
Wieder stehen uns viele Stunden der Zugfahrt bevor, doch diese werden wir zu nutzen wissen. Auf der Herfahrt war es eher eine langweilige Fahrt. Nur die Ungewissheit, was uns erwartet und wie die 5 Grenzübertritte ablaufen, brachte Abwechslung.
Die Ungewissheit ist nun weg und das Wissen aus der ersten Zugfahrt, liess uns vor der Einfahrt in das Zugterminal noch mal fix bei Burger King einkehren. Zum einen weil wir mal wieder bekanntes Fleisch essen wollten, zum zweiten um die sanitären Anlagen hier zu nutzen und nicht gleich im Zug.

Drei Wochen ist es nun schon her, da kämpften wir in Villach mit diversen Papieren und Einreiseformularen. Für Erstaunen und später für Erheiterung sorgten so einige Fragen der Grenzbeamten. So wurde unter anderem ein jeder nach dem Namen seines Vaters befragt. Meine Äusserung, “Warum denn das, der fährt doch gar nicht mit”, stiess aber auf wenig Verständnis bei den Beamten. Gegen Mitternacht, ungefähr 5 Stunden nach unserer Ankunft in Villach, war es endlich so weit, wir konnten als erste mit den Bikes in den Zug fahren, erst nach uns die Autos. Inzwischen waren wir zu viert. Alex, ein Belgier, hatte sich zu uns gesellt. Er will sich in Edirne mit Freunden treffen. Das fahren durch eine Schlange von Transportwaggons erwies sich als recht einfach, nur den Kopf musste ich gut einziehen um nicht ständig mit dem Helm oben anzustossen. Sitzend auf dem Bike ist man eben doch einiges höher als ein Auto. Das verzurren der Bikes übernahmen Mitarbeiter vom Zugpersonal, was sich später jedoch als Fehler herausstellte. So kletterten wir recht abenteuerlich im Dunkeln aus dem Waggon, für Lampen hatte es wohl nicht mehr gereicht... und für einiges andere auch nicht, wie wir in den nächsten Stunden feststellen mussten. Aber erstmal suchten wir unser Abteil. Jedoch mit den Koffern durch die Gänge zu drängeln war einfach nicht möglich. Also Pfütz rein ins Abteil, Elvis und ich reichten dann von draussen die Taschen ans Fenster, so war es am einfachsten. Geschafft, alle Taschen drin und wir auch - und das Abteil war voll. War ich froh, das wir uns entschieden hatten das ganze Abteil für uns zu mieten. Wie machen die anderen es, bei denen die Abteile mit sechs Personen belegt sind? Aus unserer Sicht fast unmöglich.
Nachdem wir alles verstaut hatten ging es zum gemütlichen Teil über, Bier her! Erst in den frühen Morgenstunden rollten wir uns in den Kojen ein und ich schlief erstaunlich gut.

Mein Bier ist fast leer, als einer der Zugbegleiter uns Motorrädern das Zeichen zur Einfahrt in die Waggons gibt. Schnell trinke ich den letzten Schluck, man soll ja nichts verkommen lassen. Gelassen fahre ich in die Schlange der Waggons ein, nach fast drei Wochen Orient weiss ich, das Hektik hier im Grunde unbekannt ist. Den Helm habe ich gleich draussen beim Gepäck gelassen, achte daher etwas mehr auf die Decke als auf den Boden und hätte fast einen der schmalen Spurstege zwischen den Waggons verpasst. Konzentrierter rolle ich von einem Waggon in den nächsten und komme schliesslich ganz vorn an. Man sieht deutlich, das Personal weiss wirklich nicht wie ein Bike verzurrt werden muss um sicher zu stehen. Statt es mit den Gurten in die Federn zu ziehen, versuchen sie, die Bikes über den Seitenständer zu fixieren. Das war bei der Anfahrt auch der Grund für den leichten Schaden an Pfütz seiner Maschine. Grimmig und etwas gereizt reagiert das Zugpersonal als ich Ihnen zeigen will, wie ein Bike richtig verzurrt wird. So bleiben wir bis die Maschinen sicher stehen und machen dies zum teil selbst.
Wieder das Gepäck durch die Fenster in das Abteil in dem die Luft förmlich steht. Es ist kurz vor 20 Uhr als wir drei im Abteil sind. Erstaunt stellen wir fest das wir etwas mehr Platz haben als auf der Herfahrt. Aber nicht die Abteile sind grösser, wir haben weniger Gepäck am Mann und mehr an den Maschinen gelassen. So richtet sich ein jeder ein, für geplante 32 Stunden Bahnfahrt. Ich packe meinen Notebook aus und fange an die Fotos zu ordnen. Das Flair im Zug ist uns nun schon bekannt, im Gegensatz zur ersten Fahrt, als wir in Villach gestartet sind.

Damals ging es von Villach zuerst nach Slowenien. Verlief die erste Nacht im Zug während der Herfahrt besser als befürchtet, das rumpeln hielt sich in Grenzen, so erlitten wir am Morgen unseren ersten Kulturschock. Nachdem ich Bettdecke und Kissen weggeräumt und die Liegefläche wieder in die Sitzbank verwandelt hatte, schnappte ich mir Handtuch und Kulturbeutel und begab mich auf die Suche nach einer Waschgelegenheit. Beim öffnen der Toilettentür konnte ich mich eines leichten Schauern nicht erwehren. Was wir auf unserer Reise mehrfach feststellen mussten zeigte sich hier sofort offensichtlich, Osmanen und Araber legen keinen Wert auf Sauberkeit. Es gab je Waggon zwei Toiletten die bereits nach der ersten Nacht versüfft waren. Die Spülung funktionierte meist nicht. Die Ausscheidungen fielen direkt ins Gleisbett. Die Ausstattung erinnerte mich sehr an die Bahn der DDR in den 80iger Jahren. Von Duschen waren wir hier wirklich viele Kilometer entfernt. Wenigstens Zähne putzen, lieber mit Selterwasser und dann nichts wie raus hier. Mit Essen hatte sich ein jeder für die ersten Tage selbst eingedeckt, so holten wir uns im Speisewagen nur Kaffee.
Der Tag verrann nur mühselig. Lesen wechselte sich mit Ausblicken aus dem Fenster auf sozialistische Plattenruinen und teils öde, teils interessante Landschaften ab. Mehrmals wurde die Lok gewechselt. Die Staaten des ehemaligen Jugoslawien sind sich noch immer nicht Freund und betreiben jeder sein eigenes Fahrleitungsnetz. Im Inland fuhren wir meist mit E-Lok und an Grenzübergängen mit Diesellok. An jedem Grenzübergang entstand leichte Aufregung im Zug. Meist waren die Grenzbeamten mürrisch und männlich. Nur an der bulgarischen Grenze bekamen wir eine attraktive Beamtin zu Gesicht. Die zweite Nacht im Zug war schon nicht mehr so angenehm, wahrscheinlich weil ich nicht wirklich müde war. Den längsten Zwischenstopp mussten wir dann an der Bulgarisch-Türkischen Grenze erdulden. Fast zwei Stunden stand der Zug, wenigstens konnten wir mal aussteigen und einen Gang durch die eingezäunte Bahnstation machen. Ein paar Lädchen zum zollfreien Einkauf gab es auch. Ich gönnte mir in einem Lebensmittelladen ein Eis. Auf dem Platz stand ein Brunnen, Kinder spritzten sich lachend gegenseitig nass, Elvis liess sich kühles Nass über die Füsse rinnen, als Alternative zur Dusche. Endlich, aber drei Stunden später als geplant, kommen wir gegen Mittag in Edirne an. Wir hieven unser Gepäck aus dem Abteil, es werden Zettel mit Nummern verteilt, nur wozu? Und wie läuft das nun hier weiter? Wir kommen mit einem Türken aus Düsseldorf ins Gespräch. Begeistert nimmt er unsere Reise mit den Bikes auf und erzählt uns, er sei zur Hochzeit eines Cousin unterwegs. Er klärt uns auch auf, was hier zu tun ist und wofür die Zahlenzettel sind. Diese bestimmen die Reihenfolge der Abfertigung. Welch ein Glück, wir liegen unter den ersten zwanzig.
Als die Abfertigung beginnt haben wir bereits die Bikes ausgeladen und einen ersten Schreck überwunden. Wie bereits erwähnt, wurden die Bikes nicht fachgerecht verzurrt. Pfütz seine Maschine war bei der Rüttelei umgefallen weil es den Seitenständer verbogen hatte. Zum Glück war das der einzige nennenswerte Schaden. Den Ständer hat es auch nur verbogen, weil die Bikes über diesen verspannt wurden, statt die Maschinen in die Federn zu ziehen.
Trotz der festgelegten Reihenfolge wollen einige der Türken drängeln. Andere versuchen die Grenzbeamten mit Schmiergeld zu einer bevorzugten Abfertigung zu bewegen. Die Offenheit mit der dies geschieht, ist für mich sehr verblüffend. Dies sollten wir noch verschärfter erleben.
Endlich sind auch wir an der Reihe und gleich die erste Komplikation. Elvis hat zu Hause schon gepennt und seine grüne Versicherungskarte nicht erneuert. Nun ist sie abgelaufen und ohne Versicherungsschutz keine Einreise mit Bike. Aber er ist wohl nicht der Erste, dem so etwas passiert. Nebenan steht ein Hüttchen, ähnlich einem Zeitungskiosk, dort kann er eine befristete Versicherung käuflich erwerben. Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber es muss so um die vier Euro gekostet haben, jedenfalls war der Betrag nicht tränentreibend. Wir haben alle Formalitäten überstanden und schwitzen bereits ohne Jacke, Handschuh und Helm. Trotzdem ziehen wir die Klamotten über und sind froh endlich los zu kommen.

Die Landschaft hier ist nicht sonderlich interessant, wir machen lieber Strecke Richtung Istanbul. Je früher wir dort eintreffen um so besser. Wir wissen das unser Hotel mitten in der Altstadt von Istanbul liegt und es sicher ein Kampf durch überfüllte Strassen und kleine Gassen wird.
Je näher wir der Metropole kommen um so dichter wird der Verkehr. Wir tauchen ein in eine Jahrtausende alte Stadt und ihr könnt es euch sicher denken, zeitweise ging gar nichts mehr ausser einem wilden Hupkonzert. Selbst mit unseren Bikes stecken wir fest. Da die Fahrzeuge fuhren und standen wie gerade Platz war, passte mitunter keine Handbreit zwischen die Blechhaufen. Auch die Verkehrsführung musste ich erst durchschauen. Wir befuhren eine mehrspurige Haupttrasse mit Mitteltrennung und meine Steffi (Navi) wollte mich ein paar mal links schicken. Jedoch sah ich keine Spur zum links abbiegen. Nach dem dritten Versuch begriff ich, das es generell keine Linksspur gibt. Vielmehr mussten wir kurz vor dem beabsichtigten Richtungswechsel rechts heraus fahren und wurden dann in einem leichten Halbkreis wieder an die Kreuzung herangeführt um diese dann gerade zu überqueren. So fuhren wir in ein Gewirr aus Gassen der Altstadt ein. Endlich erreichten wir das Hotel völlig durchgeschwitzt von der Anstrengung der letzten Meter, ständig sehr konzentriert zu fahren, Strasse Verkehr und Navi im Blick zu behalten und auch den Rückspiegel. Wenn wir uns hier verloren hätten, wären sicher Stunden der Suche vergangen.
Am Hotel angekommen, war es schon ein Problem in der engen Strasse einfach nur anzuhalten ohne den Verkehr zu behindern. Zufällig stand bei unserer Ankunft ein Mitarbeiter vom Hotel vor der Türe. Wild destikulierend versuchte ich ihm klar zu machen, das wir Gäste sind und wo wir parken können. Und welch Wunder, er begriff mein Begehren. Schnell waren die Bikes in der Tiefgarage des Hotel verstaut und ich wollte nur noch eines, duschen.

Auf’s Duschen werden wir während der nächsten zwei Tage Bahnfahrt wieder verzichten müssen. Während ich beginne die Fotos und Videos am Notebook zu sortieren, muss ich schon jetzt über so manche Begebenheit schmunzeln, Erlebnisse die mir sicher lange in Erinnerung bleiben werden. Wir haben uns für die Zeit im Zug mit Getränken eingedeckt, stossen erstmal auf die gelungene Reise an. Elvis packt ebenfalls seinen Notebook aus. Insgesamt haben wir alle drei fleissig fotografiert und gefilmt. Herausgekommen sind nicht ein paar hundert Fotos sondern ein paar tausend, die alle gesichtet sein wollen. Es wird bis Villach sicher nicht langweilig werden. Zu den ersten Fotos gehören die aus Istanbul.

Babylon, Konstantinopel, Istanbul - drei Namen, eine Stadt - erreichen wir bei der Anreise am frühen Nachmittag. Nachdem wir uns im Hotel als erstes entkeimt hatten, zog uns die Neugierde hinein in die Stadt. Ohne bestimmtes Ziel wollten wir einfach ein bisschen vom Flair der fremden Kultur einatmen, uns einen ersten Eindruck verschaffen. So streifen wir durch die Altstadt, schiessen erste Fotos, trinken etwas in einem Café direkt am Bazar. Während wir sitzen, können wir beobachten wie ein Kind von der mobilen Eistheke eine Waffel stibitzt. Laut schimpfend läuft der Kellner dem Kind nach. Doch ist es schnell in der Menge verschwunden. Überall werden frische Früchte angeboten. Bei einem Strassenstand von einem kleinen Bub kaufe ich verzehrfertig aufgeschnittene Ananas und lasse sie mir schmecken.
Da wir die hiesigen Speisen nicht gleich am ersten Abend testen wollen, gehen wir zum essen zurück ins Hotel. Das Restaurant befindet sich ganz oben mit einer herrlichen Dachterrasse. Wir suchen uns etwas vom Buffet aus und können vom Tisch aus den Blick über Istanbul schweifen lassen. Während wir es uns schmecken lassen, klimpert eine niedliche junge Dame gekonnt auf dem Klavier.
Satt und zufrieden schlendern wir noch etwas durch die Altstadt. Bei einer der vielen Bars, alle haben auch Tische und Bänke draussen stehen, kehren wir noch auf ein Bier ein. Pfütz und Elvis bestellen sich eine Wasserpfeife, ich mag Rauch in jeglicher Form nicht. So lassen wir den Tag gemütlich ausklingen.

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Grenzkontrolle, bitte die Pässe bereithalten! Laut rufend läuft einer der Zugbegleiter durch die Waggons. Es ist nach 23 Uhr, wir kommen bereits mit Verspätung an der Bulgarischen Grenze an und diese ist gar nicht weit vom Abfahrtsort Edirne entfernt. Mal schauen, ob die süsse Beamtin wieder kontrolliert.

Der nächste Tag ist voll und ganz den Prachtbauten aus babylonischer Zeit und nachfolgenden Epochen gewidmet. Wir wollen mit eigenen Augen sehen, worüber wir schon viel gelesen haben. Als erstes steht eine der grössten Zisternen auf unserem Plan.
“Bindirdirek Sarnici” - Zisterne der 1000 Säulen ; der Name ist etwas hochgestapelt. Es sind viele, aber so viele ganz bestimmt nicht, das Augenmass hab ich schon. Trotzdem beeindruckt mich die schiere Grösse, zudem wenn ich mir vorstelle das der Raum heute nur noch halb so hoch ist, da man zur besseren Begehbarkeit diesen aufgefüllt hat. Eine Stelle im Raum ist mit einem Geländer eingefasst und bietet uns den Blick bis in die ursprüngliche Tiefe. Etwa 60000 Kubikmeter Wasser haben hier einst die Wasserversorgung sichergestellt. Und es gibt noch weitere von diesen Wasserspeichern. Klein komme ich mir vor in dieser monumentalen Baukunst, geschaffen bereits im Jahr 330. Ist schon irre, was die alten Baumeister bereits so drauf hatten, während anderswo fast noch in Höhlen gehaust wurde. Dezente klassische Musik verstärkt die reizvolle Atmosphäre. Am Eingang wurde uns gesagt, das im Eintrittspreis ein Kaffee oder Tee enthalten ist. Wir beschliessen das Angebot anzunehmen und begeben uns zur Cafebar. Zu meinem Entsetzen holt der Typ hinter der Theke löslichen Nescafé hervor. Spontan entschliesse ich mich doch für einen Tee.
 Wir schlendern weiter zu unserem nächsten Ziel. Zwischen Moscheen und Museen, Parks und Palästen kreuzen sich die Wege von Studienreisenden und Rucksacktouristen. In diesem Teil der Stadt stehen die grössten Sehenswürdigkeiten aus zwei untergegangenen Weltreichen. Die Blaue Moschee sowie die Hagia Sophia stehen ganz im Zeichen des Tourismus. Türken findet man hier nur als Pilger, Kellner, Taxifahrer oder Schlepper. Letztere begrüssen uns mit einem freundlichen “Hello my friend, where are you from?” und wer nicht aufpasst hat einen Teppich unterm Arm oder einen Zehnerpack falscher Krokodil Socken.
An der Blauen Moschee angekommen, verweigert man uns den Eintritt. Es dauert einen Moment bis wir verstehen. Wir sind ausgerechnet zur Gebetszeit gekommen. OK, dann schauen wir uns erst die Hagia Sophia an und kommen später
hierher zurück.
  Erst Kirche, dann Moschee, heute Museum - aber zu allen Zeiten beeindruckend, die Hagia Sophia (heilige Weisheit). Nach bescheidenen 5 Jahren Bauzeit war diese ab dem Jahr 537 bis zum Bau der Peterskirche in Rom für knapp 1000 Jahre die grösste Kirche der Christenheit. Unmittelbar nach dem Fall Konstantinopels wurden die Kirchenbänke durch Gebetsteppiche ersetzt. Nach und nach kamen die vier Minarette hinzu. Das Hauptschiff, knapp 80m lang und 56m hoch, ist einer der gewaltigsten Räume die je von Menschenhand geschaffen wurden. Darüber, gleich einer Krone, scheint die riesige Kuppel im Licht ihrer 44 Fenster förmlich zu schweben. In ihren Durchmesser von 33m würde so manches Haus passen. Stellt man sich direkt darunter erkennt man die Absicht der Erbauer, der Mensch ist klein und Gott ist gross. Heute nicht mehr so wirksam, aber immer noch beindruckend. Von der bewegten Glaubensgeschichte zeugen zahlreiche christliche und islamische Darstellungen. So finden sich nahe beieinander in der Apsis, der nach Mekka ausgerichtete Mihrab und direkt darüber ein Mosaik, das die Muttergottes mit dem Jesuskind darstellt. Sofort denke ich, warum können die Religionen nicht friedlich miteinander umgehen, hier geht es doch auch. Etwa 10.000 Arbeiter und 100 Baumeister waren an der Erschaffung der Hagia Sophia beteiligt. Trotz moderner Technik wäre ein solcher Bau auch heute eine gewaltige Herausforderung. Ich scheitere bei der Vorstellung, wie das vor rund 1500 Jahren machbar war. Bewegt und mit tiefen Respekt vor der Bauleistung verlasse ich nach fast zwei Stunden dieses Museum. Draussen treffe ich am vereinbarten Punkt Pfütz und Elvis wieder. Ihnen erging es wohl ähnlich.
  Wir laufen durch einen Park aus Palmen und Blumen zurück zur Blauen Moschee. Die Gebete sind beendet und wir Touristen dürfen nun wieder hinein.
Die Blaue Moschee, ein Traum aus 1001 Nacht, einer berühmtesten und schönsten Sakralbauten der Welt. Über einen Nebeneingang betreten wir das innere der Moschee. Zuvor müssen wir uns jedoch die Schuhe ausziehen. Am Eingang können wir uns von grossen Rollen eine Plastiktüte abreissen und unsere Schuhe darin verstauen. Innen empfängt uns stechender Fussgeruch. Ich stelle mir vor, wie betende immer wieder ihren Kopf bis zum Boden senken, sozusagen mit dem Fusspilz auf Augenhöhe. Der Name Blaue Moschee ist im türkischen weitgehend unbekannt, für Ausländer aber der gebräuchlichere. Innen verstehen wir auch warum. Bis zur Höhe der Fenster sind die Wände mit blau-grünen Fayencen verkleidet. Sie tauchen alles in einen blauen Farbton. Früher, als alle Fenster dazu meist blaues Glas hatten, war dieser Eindruck sicher noch extremer.
  Nach soviel Kultur und Geschichte steht uns der Sinn nach etwas lebendigem. Der Grosse Basar und die Märkte drumherum sind Istanbuls Epizentrum der Geschäftigkeit. Was für uns wie ein orientalisches Wunderland aussieht ist normaler Shoppingalltag in der Millionenmetropole. In diesem quirligen Durcheinander aus verwinkelten Gassen irren wir etwas orientierungslos umher. Immer wieder sind wir erstaunt über angebotene Waren die wir in einem islamischen Land so offen angeboten nicht erwartet hätten. Von Computer über Gemüse bis zur Reizwäsche kann man hier alles kaufen. Genauso verschieden ist das Erscheinungsbild der Frauen. Von tief verschleiert mit schwarzen Handschuhen, nur damit kein Flecken Haut zu sehen ist, bis zum top modernen Minikleid ist alles vertreten. Das es hier auch freizügig geht, hatten wir wirklich nicht erwartet.
  Zum Abschluss des Tages begeben wir uns zum Hafen und wollen dort eine Rundfahrt über das goldene Horn mitmachen. Im Hafen staune ich nicht schlecht. Am Kai liegen einige kleine Schiffe mit riesigen Kochherden in der Mitte vom Deck. Mehrere Köche bereiten daran verschiedenste Fischgerichte zu, die Sie dann vom Schiff herunter an die Hungrigen verkaufen, ähnlich einem Imbisswagen.
  Es ist bereits frühe Nacht als wir wieder im Hotel eintreffen. Zuvor  haben wir in einer kleinen Gasse eine hübsche Bar mit Tischen davor entdeckt. Wir probieren türkischen Wein während drinnen nach regionaler Musik getanzt wird. Nun weiss ich auch, türkischer Wein ist nicht unbedingt eine Gaumenfreude.

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Die süsse Beamtin bekamen wir diesmal nicht zu Gesicht. Wieder drückt man uns irgendwelche Stempel in die Pässe. Inzwischen ist es nach Mitternacht. Wir bauen die Sitzbänke zu Liegen um und schnell kehrt Ruhe ein.
Es ist der 29. Juli kurz vor 8 Uhr, der Zug ist die ganze Nacht durchgerumpelt und dümpelt gerade mitten durch Sofia. Ich komme mir ein bisschen wie gerädert vor. In der Kabine mit dem Waschbecken werfe ich mir etwas Wasser ins Gesicht, mehr geht hier einfach nicht. Während der im Speisewagen erworbene Kaffee langsam die Lebensgeister weckt, starte ich den Notebook, schliesslich wollen wir heut Abend mit den Fotos durch sein.

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